Klassenkampf ist kein Kinderspiel

In Bremerhaven
engagieren sich Eltern im Streik in den Kindertagesstätten und
unterstützen die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen und
höheren Löhnen für die Angestellten dort. Besonders betroffen sind
die neu Eingestellten. Bei unterstützenden berufstätigen Eltern
ergibt sich nur manchmal das Problem, dass sie auf die Notdienste,
die während eines Streiks ja eigentlich abgelehnt werden müssten,
angewiesen sind, da es ansonsten bei ihnen selber zu
arbeitsrechtlichen Schwierigkeiten und ggf. Lohn- und Gehaltseinbußen
kommt. Das bedeutet, dass die Streiks weiterhin eher symbolischen
Charakter haben werden, mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen
garniert. In Bremerhaven haben im Mai mehrere Eltern und Kinder vor
einer Kita eine Solidaritätsaktion veranstaltet: Eine
Kinderwagen-Demo die Hafenstraße herunter. Trotz nur 24 Stunden
Planung haben ungefähr 10% der Eltern mitgemacht. Rund 30 Eltern von
verschiedenen Kitas der Stadt treffen sich weiterhin, um Aktionen zu
planen. Im Vordergrund stehen ihre Forderungen nach gesundheitlicher
Fürsorge wegen berufsbedingtem Lärm, Stress und auftretenden
Rückenproblemen.

Was tut not?

Der
Betreuungsschlüssel gehört verbessert, wie eine Elternsprecherin es
forderte: „Wir wollen nicht, dass unsere Kinder nur irgendwie
betreut werden. Wir wollen, dass unsere Kinder gut betreut werden.
Deshalb fordern wir jetzt sofort eine Verbesserung des
Betreuungsschlüssels auf 1:8 für 3-6-jährige Kinder und 1:4 für
unter 3-jährige Kinder. Dies entspricht europäischen Empfehlungen.“
Da nutzt es wenig, wenn die Streiks lokal begrenzt bleiben und nur
von bestimmten Berufsgruppen getragen werden. Streiks sollten also,
um wirklich wirksam zu sein, auch auf ähnliche Berufsfelder und auf
die Arbeitsbereiche der unterstützenden Eltern ausgedehnt werden,
damit diese die Risiken für ihre Solidarität nicht alleine tragen
müssen. Das Stichwort hierfür lautet: Solidaritätsstreiks! Denn
wer alleine kämpft, erreicht oft wenig.

H. (FAU-Bremen)

Randspalte: Lärm- und
Stressbelastung

Dazu stellte Prof. Dr.
med. Nowak beim Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V.
fest: „Die berufliche Belastung und Beanspruchung von Erzieherinnen
und Erziehern wird vor dem Hintergrund des Tarifkonflikts gegenwärtig
öffentlich diskutiert. Tatsächlich ist diese Berufsgruppe einer
Kombination besonderer gesundheitlicher Gefährdungen ausgesetzt:
Lärm (Dauerschallpegel teilweise um 85 dB(A)); Tragen und Heben
(Kleinkinder, Behinderte); unergonomische Zwangshaltungen (Mobiliar
für Kinder); Infektionsgefährdung (Masern, Mumps, Röteln,
Windpocken, Keuchhusten; Hepatitis A, B, C; Ringelröteln und
Zytomegalie); komplexe Interaktionsarbeit (Eltern, Kinder, externe
Vorgaben). Dies findet sich vor dem Hintergrund von
Personalverknappung und Arbeitsverdichtung. Geradezu wie im
arbeitsmedizinischen und arbeitspsychologischen Lehrbuch kommt es bei
hoher Arbeitsanforderung und geringer (nicht nur materieller)
Entlohnung ohne adäquate Stärkung der mitarbeitereigenen Ressourcen
und oftmals mangelnder wahrgenommener Wertschätzung zu übermäßigem
‚Personalverschleiß’ und hohen Arbeitsunfähigkeitszeiten…“

 

Kontakt zu den
UnterstützerInnen gibt’s über fauhb(a)fau.org

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