Der große Bruder schaut dich an

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Institut will Kontrolle der digitalen Freelancer möglich machen

Cloud Working ist im Trend. Mit IBM versucht sich nun erstmals ein Großkonzern an der umfassenden Flexibilisierung seiner Arbeitsorganisation durch derlei digitale Methoden (siehe Taylorismus 3.0). Die „People Clouds“ stellen die Unternehmen jedoch vor eine Reihe von Problemen, wie sich auf der Webseite des Karlsruhe Service Research Institute nachlesen lässt, wo eine Forschungsgruppe derzeit ein System für solche Clouds entwickelt. „Eine besondere Herausforderung“, heißt es, „stellt das Qualitätsmanagement dar, da man sich wegen der eingeschränkten Kontrolle über die beteiligten Crowdworker nur bedingt auf einzelne Arbeitsergebnisse verlassen kann.“ Die Forschungsgruppe, die von IBM gefördert wird, soll bis zum Mai „skalierbare Qualitätsmanagementmechanismen“ entwickelt haben, „welche die Arbeitsergebnisse mehrerer Crowdworker in einer effizienten Art und Weise kombinieren, um verlässliche Resultate zu garantieren.“

Saba schafft den gläsernen Angestellten

Offenbar scheinen einigen Unternehmen die bisherigen Systeme des „Human Ressource Management“ nicht mehr auszureichen und ein größerer Bedarf an Cloud-Working-Systemen zu bestehen. So gab das amerikanische IT-Unternehmen Salesforce Ende März bekannt, eine neue Management-Anwendung entwickelt zu haben, die unter anderem dabei helfe, „das Recruiting, die Personalverwaltung sowie die Förderung von Talenten zu optimieren“. Das Unternehmen selbst spricht von der „nächsten Generation des Social Enterprise“. Wenige Tage zuvor hatte auch schon das ebenfalls auf diesem Gebiet tätige US-Unternehmen Saba die Entwicklung einer eigenen Software für „People Clouds“ verkündet. Das Unternehmen brüstet sich, damit eine „revolutionäre“ Technologie geschaffen zu haben, die es, in Form eines „People Quotient“, ermögliche, „den Einfluss, die Reputation und die Wirkung“ der jeweiligen Arbeitskräfte zu messen. Saba erwartet im Bereich solcher „sozialen Software-Produkte“ eine jährliche Wachstumsrate von fast 40 Prozent in den nächsten fünf Jahren.

Microsoft und Co. durchleuchten jegliche Regung

Auch die Kommunikation von Beschäftigten wird zunehmend kontrolliert. Verschiedene Software-Unternehmen, darunter Microsoft, IBM und Oracle, bieten dafür eigens Analyse- und Monitoringsysteme an. Damit wird etwa überwacht, ob die Angestellten eines Unternehmens sich an die Verhaltensregeln halten, die ihnen für die Benutzung von sozialen Netzwerken auferlegt wurde. Mit ihnen soll aber auch die „Performance“ von Arbeitskräften errechnet und „firmenschädigendes“ Verhalten automatisch erkannt werden. Die Arbeitenden müssen sich dabei in maschinelle Kategorien einteilen lassen: Hat sich für die berechnete Effektivität des Angestellten die vom Arbeitgeber bezahlte Weiterbildung gelohnt? Kann die Optimierung der Arbeitsvorgänge noch verbessert werden? Oder: Wer sind die besonderen Impulsgeber und wer die Bremsen im Betrieb? Zugleich suchen die Algorithmen nach „Mustern des Erfolgs“ ebenso wie nach „Mustern der Kündigungen“. Zum Beispiel werden die Daten derjenigen betrachtet, die in den letzten Jahren das Unternehmen verließen, um das typische Profil eines Kündigungskandidaten zu errechnen, um auszuloten, bei welchen Beschäftigten – potentielle „Fahneflüchtige“ – sich etwa Weiterbildungsmaßnahmen nicht mehr lohnen dürften.

Big Brother Awards 2012 vergeben

Ein Spielehersteller und Schnüffelchips für Wasser an Schulen – das waren die Gewinner des Negativpreises für Datenschutz, der Mitte April in Bielefeld verliehen worden ist. Die Blizzard Entertainment „gewann“ mit dem Spiel „World of Warcraft“ in der Kategorie Verbraucherschutz, sammelt das Unternehmen doch so ziemlich jede Datenspur der Spieler. „Psychologen können daraus ablesen, wer eine militärische Laufbahn einschlagen könnte, wer in der Bankbonität herabgestuft werden sollte, wer über Führungsqualitäten verfügt, wer potenziell spielsüchtig oder wahrscheinlich arbeitslos ist,“ so ein Laudator. Die Brita GmbH wiederum wurde für das Projekt „Schoolwater“ in der Kategorie Wirtschaft ausgezeichnet, womit Leitungswasser an Schulen vermarktet und wobei mittels eines RFID-Schnüffelchips kontrolliert wird, wer Wasser zapfen darf und wer nicht und wie oft. Aber auch – ganz abstrakt – „die Cloud“ erhielt einen Negativpreis. „Denn seine Daten in einer nebulösen Serverfarm irgendwo auf der Welt abzuspeichern,“ heißt es in der Pressemitteilung der OrganisatorInnen, „ist der Alptraum jedes datenbewussten Menschen.“ Die Cloud, heißt es weiter, sei „ein gefährlicher Trend, der die Nutzerinnen und Nutzer gläsern macht“. Weitere Preisträger sind Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU) sowie – in weiteren Kategorien – die Firma Bofrost (Arbeitswelt) und Gamma International (Technik).

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