Mehr als kleine geile Firmen

Logo der entstehenden Föderation

Das Konzept entstand, da es zum einen immer wieder zu Betriebsgründungen aus der FAU Berlin heraus kam und kommt, es zum anderen aber auch stetig Anfragen von außerhalb gibt. Die Anfragen von außerhalb beinhalten sowohl Jobsuchende, die nicht in einem x-beliebigen Chefbetrieb landen wollen, als auch andere Betriebe, die nach Maßstäben für einen „guten Betrieb“ fragen.

Gleichzeitig sehen wir in der Gründung von Kollektivbetrieben auch eine Transformationsstrategie, ohne sie als einzigen Weg zur Überwindung des Kapitalismus promoten zu wollen. Hierbei orientieren wir uns mit einer Föderation der „Gewerkschaftliche Organisierten Betrieben“ (GOB) an historischen Vorbildern, wie sie in Direkte Aktion 193 beleuchtet wurden. Während die Belegschaftsmitglieder nach wie vor individuell in der Gewerkschaft organisiert sind, sind die Betriebe selbst Teil einer eigenen Föderation. Über diese GOB-Föderation kooperieren die Betriebe miteinander und können sich so dem Druck der Marktkonkurrenz besser entgegenstellen. Konkrete Projekte der Föderation sind Beratungsangebote (Rechtliches, Schlichtung/Mediation/Supervision, Fortbildung), ein finanzieller Fond, gemeinsames Marketing und Vertrieb, gemeinsame Kundenakquise und Lieferketten – bis hin zu einer solidarischen Ökonomie untereinander.

In Zeiten von aufstrebenden Startups mit flachen Hierarchien, die sich selbst das Prädikat der „guten Firma“ geben (was bei genauerem Hinschauen auf deren Marketing- oder „Human Resources“-Abteilung zurückgeht), wollen wir diesem ein paar „harte Fakten“ entgegenstellen. Auch deshalb haben wir die folgenden sieben Prinzipien als Bedingung für einen „Gewerkschaftlich Organisierten Betrieb“ benannt:

Der Betrieb ist kollektiviert, d.h. befindet sich in Belegschaftshand, was über eine rechtlich verbindliche Struktur abgesichert ist. Basisdemokratie, d.h. jedes Belegschaftsmitglied hat genau eine Stimme und wichtige Entscheidungen werden demokratisch getroffen (Einschränkungen nur für Probezeit und Aushilfen). Transparenz, umfassend gegenüber der Belegschaft, grundsätzlich gegenüber der Gewerkschaft und der GOB-Föderation. Gleichbehandlung in der Entlohnung, das umschließt auch: Keine „miesen“ Beschäftigungsformen wie schlecht bezahlte Probearbeit oder Praktika. Solidarität mit den abhängig Beschäftigten in Chefbetrieben: Genauso wie das Handeln in Chefbetrieben (Marktdruck) auf Kollektivbetriebe „durchdrückt“, so ist auch das Handeln in Kollektivbetrieben nicht ohne Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen in den Chefbetrieben der jeweiligen Branche. Dem folgend, darf es in Gewerkschaftlich Organisierten Betrieben kein Lohndumping geben oder branchenübliche Standards dürfen nicht unterlaufen werden. Ein weiteres Prinzip stellt die Kooperation der einzelnen Betriebe in der erwähnten Föderation dar. Last not least, muss die Belegschaft mehrheitlich Mitglied der Gewerkschaft sein, damit der Anspruch einer Zusammenführung von Organisierung in Chef- wie Kollektivbetrieben erfüllt ist.

Aktuell führen wir Gespräche mit einzelnen Berliner Kollektivbetrieben wie etwa der Freilichtbühne Weißensee, der Kaffeerösterei Flying Roasters und der Kneipe Tristeza. Darüber hinaus haben wir mit der Umsetzung der angedachten konkreten Projekte wie etwa einer rechtlich-gewerkschaftlichen Beratung für Kollektivbetriebe begonnen.

Jens Klink

Der Autor ist Mitglied der AG „Gewerkschaftlich Organisierter Betriebe“ der FAU BerlinDas Konzept und Kontaktadressen finden sich in voller Länge unter berlin.fau.org/gob

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