Nazi-Style und Nazi-Läden – und der Widerstand dagegen

Mittlerweile
haben es alle mitbekommen, sogar der Verfassungsschutz: Nazis sehen
nicht mehr aus wie Nazis, zumindest nicht mehr so wie früher. Die in
den letzten Jahren aufgetretenen äußerlichen Veränderungen der
Nazis lassen sich, grob gesagt, anhand von zwei Trends beschreiben:
Die Übernahme linker Symbolik und Kleidungsstile und die breite
Etablierung einer eigenen Modemarke: Thor Steinar.

Autonomer
Gestus

Ersteres
lässt sich gut beobachten, wenn sie wieder einen ihrer Aufmärsche
veranstalten. Dunkle Kleidung, schwarze Kapuzenpullis, Basecaps und
Sonnenbrillen sind hier fast ebenso weit verbreitet wie auf
Antifa-Demos. Insbesondere die sogenannten „Autonomen
Nationalisten“ finden großen Gefallen daran, Kleidung und Symbolik
ihrer Gegner zu kopieren. So wollen sie sich mit radikalem Gestus,
aber nicht als häßliche Neonazis präsentieren. Einerseits soll das
äußerliche Verwischen der Unterschiede ihre Wahrnehmung in der
Bevölkerung verändern, andererseits soll dieser radical chic ihre
Attraktivität für erlebnisorientierte Jugendliche steigern.
Langfristiges Ziel ist es zudem, Symbole und Stil zu vereinnahmen.

Eigene
Mode

Die
ersten Versuche der Nazis, eigene Modemarken zu etablieren
(Masterrace, Consdaple) oder andere zu vereinnahmen (Lonsdale) waren
wenig erfolgreich.

Alles
änderte sich mit „Thor Steinar“. Das Label hat sich zu der
rechten Modemarke schlechthin entwickelt und erreicht auch
KäuferInnen jenseits der Szene.

Dieser
Erfolg hat vor allem zwei Gründe: zum einen die Codierung der
Symboliken und Aufdrucke, zum anderen das verwendete Material und
Design. Die Anspielungen, die in Name, Aufdrucken, Logos und
Symboliken auf der Kleidung gemacht werden, sind in keinem Fall
eindeutig, sondern nur für Szeneangehörige (und SzenekennerInnen)
verständlich. Dies hat für den Träger der Kleidung den Vorteil,
dass er zwar von seinen KameradInnen erkannt wird, ihm aber
unliebsame Konfrontationen mit AntifaschistInnen, MigrantInnen, aber
vielleicht auch Probleme mit Eltern und LehrerInnen zunächst erspart
bleiben. Hinzu kommt ein poppiges Design, das nicht an die bekannte
Nazi-Ästhetik erinnert, sowie die verwendeten hochwertigen
Materialien.

Die
eigene und weit verbreitete Modemarke gibt der rechten Szene nach
außen hin einen neuen, unauffälligeren Anstrich, trägt aber auch
stark zur (sub)kulturellen Identitätsbildung bei.

Die
Läden

Die
Vertriebsstrukturen von Thor Steinar sind beschränkt auf wenige
eigene Geschäfte und den Versand – die Nachfrage hingegen ist
hoch. Die Folge ist: In vielen Städten eröffnen Läden, in denen
mit Lizenz die Marke verkauft wird. Die Motivation der verschiedenen
rechten Start-Up-Unternehmer ist hierbei sehr unterschiedlich, sie
reicht von purem Profitinteresse, bis hin zu strategisch-politischen
Überlegungen. Für die organisierten Nazis sind viele dieser Läden
von besonderer Bedeutung. Solche Ladengeschäfte dienen nicht nur als
Geldquelle und Rekrutierungsfeld, sondern können auch als
Treffpunkt, als Informationsquelle und -multiplikator und als legaler
Logistikstützpunkt genutzt werden. Im Folgenden soll zur
Veranschaulichung auf zwei solcher Nazi-Läden eingegangen werden –
und auf den Widerstand, der sich dagegen formiert hat.

Beispiel
Ludwigshafen

Im
Sommer 2008 eröffneten in Ludwigshafen am Rhein die Läden
„Streetwear Company“ und „Thugs“. Im „Thugs“ wird, neben
anderen, unpolitischen Marken, auch Thor Steinar verkauft. Der
Betreiber, Toni Mesina, kommt aus dem Hooligan-Umfeld des SV Waldhof
Mannheim, ebenso wie sein Kundenstamm. Die „Streetwear Company“
wird betrieben von Malte Redeker, einer zentralen Figur in regionalen
und bundesweiten Nazi-Netzwerken, der organisiert ist im Aktionsbüro
Rhein-Neckar und bei den Hammerskins. In seinem Geschäft wird neben
Thor Steinar auch die Marke Max H8 verkauft, zudem rechtsextreme
Musik, Fahnen, Handschuhe und Pfefferspray.

Gegen
diese beiden Nazi-Läden formierte sich das „Bündnis
Ladenschluss“. Hier arbeiten Antifa-Gruppen, anarchistische
Gruppen, die Gewerkschaft Verdi, die Linkspartei, die Grünen, die
Jusos, die Bürgerinitiative Ludwigshafen gegen Rechts – sowie
einige andere Organisationen – zusammen. Die ersten Aktivitäten
des Bündnisses waren Pressearbeit und eine Veranstaltungsreihe über
Trends und Strukturen in der Nazi-Szene. Letztgenannte reagierte
darauf äußerst gereizt und versuchte zweimal, eine Veranstaltung
anzugreifen, jedoch ohne Erfolg. Weder konnten sie jemanden
verletzen, noch einen Abbruch erwirken. In der Folge stiegen die
Besucherzahlen bei Vorträgen auf bis zu 150 Personen. Auch in der
regionalen Presse wurde das Thema aufgegriffen und so die lokale
Politik zu Statements und Reaktionen gezwungen. Bisheriger Höhepunkt
der Kampagne war eine Bündnis-Demo am 17. Januar in Ludwigshafen, an
der 800 Menschen aus unterschiedlichen Spektren teilnahmen. Und der
erste Erfolg hat sich schon eingestellt: Malte Redeker hat von seinem
Vermieter die Kündigung erhalten.

F.
Schmidt

Für
weitere Informationen siehe:

www.stop-thorsteinar.de.vu

www.ladenschluss-ludwigshafen.de

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