Bangemachen gilt nicht?

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Im KRH Psychiatrie
Wunstorf ist auch zwei Jahre nach Betriebsübergang kein Ende des
Wandels in Sicht. Umstrukturierung, Sanierung und schleichender
Personalabbau haben in dem psychiatrischen Krankenhaus deutliche
Spuren hinterlassen. Vom einst hohen Kampfgeist der Beschäftigten
ist nur noch wenig zu spüren.

Schonzeit

Im Januar 2008 war das
ehemalige Landeskrankenhaus Wunstorf (LKH) als hundertprozentige
Tochter zum kommunalen Verbund Klinikum Region Hannover (KRH)
gewechselt. Der Verkauf war Teil des bislang größten
Klinikprivatisierungsverfahrens in Deutschland. Insgesamt acht der
zehn niedersächsischen Landeskrankenhäuser wurden an private,
kommunale und wohlfahrtsverbandliche Träger veräußert.

Ein vom Niveau her
bundesweit einmaliger Überleitungstarifvertrag sicherte den
Beschäftigten zwar gute Rahmenbedingungen und die Entgelte des
Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD), Schutz vor
betriebsbedingten Kündigungen und andere Rechte. Doch Entwicklungen,
die im Zuge von Privatisierungen immer wieder zu beobachten sind,
konnten damit nicht aufgehalten werden.

Überlast

Auch wenn die
WunstorferInnen für zehn Jahre vor betriebsbedingten Kündigungen
geschützt sind: Der schleichende Stellenabbau setzte sofort nach
Betriebsübergang ein. Der pflegerische und ärztliche Stationsdienst
war davon in besonderem Maße getroffen. Befristete Verträge liefen
aus, kündigende MitarbeiterInnen wurden ebenso wenig ersetzt wie
Beschäftigte, die den Betrieb aufgrund von Vorruhestand und Rente
verließen. Gewöhnliche Ausfallzeiten, etwa durch Mutterschaft und
Erziehungszeiten, Urlaub, Fort- und Weiterbildung sowie die mit den
neuen Belastungen merklich emporschnellenden Krankenstände taten das
ihrige. Die Arbeit mit Mindestbesetzungen, Arbeitsverdichtung,
Überstunden, Teildiensten an Wochenenden, die Verringerung von
Spielräumen in der Urlaubs- und Freizeitgestaltung, Anrufe in der
Freizeit, Versetzungen und immer wiederkehrendes Aushelfen auf
anderen Stationen sind Ausdruck dieser Entwicklung. Der Umgangston
und früher zur Unternehmenskultur gehörende Gepflogenheiten haben
sich merklich verändert.

Umstrukturierungen

Einsparungen erzielte das
KRH nicht nur durch die „natürliche Fluktuation“ im personellen
Bereich, sondern auch durch die Zentralisierung von Leistungen.
„Effizienz durch Synergie“ heißt das auf Neudeutsch.

Die Küche konnte in einem
Ranking zur Übernahme klinik-übergreifender Dienstleistungen gegen
die Caterer anderer Häuser bestehen. Zentral eingebunden wurde auch
der ehemals krankenhauseigene Fahrdienst. Ähnliche Entwicklungen
zeichnen sich im handwerklich-technischen Bereich ab. Fast komplett
nach Hannover verlagert wurde am Ende nur die Verwaltung. Regelmäßig
dementiert werden dagegen immer wieder einsetzende Gerüchte über
das Aus des Labors.

Die Beschäftigten wissen
um die „Schonzeit“ ihrer durch den Überleitungstarif gesicherten
arbeitsvertraglichen Bedingungen. Er lässt sie sogar besser dastehen
als ihre KollegInnen in den anderen zwölf KRH-Häusern. Der
Klinikverbund hatte 2007 einen Haustarif mit der
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Ärztegewerkschaft
Marburger Bund abgeschlossen, der den dortigen KollegInnen für drei
Jahre einen Gehaltsverzicht von rund drei Prozent abverlangte. Die
Lohnabzüge waren Teil eines harten Sanierungskonzeptes. Anders als
das ehemalige LKH Wunstorf, das von jeher Gewinne erwirtschaftete,
war der Klinikverbund tief in die roten Zahlen gerutscht.

Perspektiven

Die Verlagerung bzw.
Schließung von Klinikbereichen hat in Wunstorf irrationale Ängste
geschürt. Anfangs hatten entsprechende Vorhaben noch Proteste der
Belegschaft ausgelöst. Solidarisch hatten sich die Beschäftigten
etwa für den Erhalt der Innerbetrieblichen Fortbildung (IBF)
eingesetzt – wenn auch vergebens. Die Furcht im Alltag hingegen
lähmt und macht blind für die Herangehensweise und Lösung sich
aufdrängender Probleme. Vor einem solchen Hintergrund wird sich auch
künftig jede Maßnahme gegen die Beschäftigten durchsetzen lassen.

Juliane Wandel, GGB
Hannover

 

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