Keine Arbeit ohne Lohn!

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Auf dem Potsdamer Platz
in Berlin stehen rund 200 Menschen mit Pappschildern. Auf einem
Transparent ist mit schwarz-roter Farbe „Praktistreik 09
geschrieben, manche TeilnehmerInnen haben weiße Masken auf, andere
halten Plakate in die Höhe mit Aufschriften wie „Null-Euro-Jobber
oder „Wer arbeitet, darf auch streiken“. Praktikanten der
Tageszeitung taz haben die Idee gehabt, einen PraktikantInnenstreik
zu organisieren.

Also suchten sie sich
Kooperationspartner, wie ver.di, GEW, DGB-Jugend, taz und fairwork
e.V. und legten los. Sie haben Spiele vorbereitet, die die Situation
der Praktikanten verdeutlichen sollen, zum Beispiel ein großes, auf
den Boden gemaltes „Himmel und Hölle“-Spielfeld. Dort sind die
Stationen aufgezeichnet, die PraktikantInnen zu überstehen haben:
Uni, Ausbildung, Hartz IV, Praktikum, Volontariat, Jobben,
befristeter Vertrag. Am Ende kommt das Feld „Festanstellung“,
aber für viele ist diese fast unerreichbar weit entfernt. Die
Organisatoren halten ihre Reden zum Thema Praktika und die
Forderungen werden verlesen:

  • Vollzeitarbeitsplätze
    dürfen nicht durch Praktika ersetzt werden
  • Hochschulabsolventen
    müssen eine faire Praktikumsvergütung erhalten (600 Euro/Monat)
  • Gerechte
    Arbeitsbedingungen für alle Praktikanten, das heißt: schriftlicher
    Vertrag, Lernverhältnis, geregelte Arbeitszeiten, keine Überstunden,
    Urlaubsanspruch
  • Begrenzung der
    Praktikumsdauer auf maximal sechs Monate.

Doch wie kann man diese
Forderungen erkämpfen? Die Strategie der Organisatoren ist es,
öffentlichen Druck aufzubauen. Sie schlagen vor, in Zukunft keine
Praktika mehr zu machen und wenn das nicht geht, beim Chef Lohn
einzufordern. Das Problem ist, dass PraktikantInnen mit der
Absolvierung des Praktikums eine Leistung zu erbringen haben, ohne
deren Nachweis sie ihr Studium bzw. ihre Ausbildung nicht abschließen
können.

Wichtig wäre es,
gemeinsam mit den Festangestellten und den befristetet Beschäftigten
etwas zu verändern. Beispielsweise wie es im Tarifvertragsentwurf
der FAU im Kino Babylon gefordert wird, dass Praktikanten ein Drittel
des Lohnes der niedrigsten Lohngruppe erhalten sollen, und dass sie
nur mit einem Ausbildungsplan beschäftigt werden können.

Wenn sie aber alleine
streiken, stört das niemanden, sie würden umgehend durch neue
PraktikantInnen ersetzt werden.

Im Kino Babylon wird am
12. November der Film „Résiste! Aufstand der Praktikanten“
Premiere haben. Der Film handelt von einer jungen Französin, die
nach Berlin kommt, um den Generalstreik der Praktikanten zu
organisieren.

Allerdings sollte der
Verleih diesen Film nicht in einem Kino zeigen, in dem die
Angestellten von ihrem Chef wie der letzte Dreck behandelt werden und
in dem ausländische Praktikanten in sechs Monaten selbständig
Filmfestivals organisieren und sich dafür hauptsächlich durch
Stipendien finanzieren müssen.

[Redaktionelle Anm.: Offensichtlich aus Solidarität mit der
Babylon-Belegschaft wurde die Filmvorführung nun in ein anderes Kino verlegt. Solidarität
ist manchmal mehr als nur eine Geste. Siehe auch den Catwalk dieser Ausgabe.]

Wer mehr über den Streik
erfahren möchte, der kann sich unter praktistreik09.blogsport.de
informieren.

Willi Kufalt

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