Aus für Kohlekraftwerk Mainz/Wiesbaden!

Die
schon gepackte Kletterausrüstung und die vorbereiteten Transparente
werden erstmal nicht gebraucht. Eine Strommastbesetzung von
AktivistInnen gegen das geplante Kohlekraftwerk auf der Ingelheimer
Aue konnte abgeblasen werden, stattdessen knallten die Sektkorken! Am
28. September verkündete der Vorstandschef der Kraftwerke
Mainz-Wiesbaden AG (KMW), Werner Sticksel, einen „vorläufigen
Baustopp“ und ein „mindestens dreijähriges Moratorium“ für
das Projekt.

Mit
dem Ausstieg der Barclays Bank, die zusammen mit der Deutschen Bank
den Löwenanteil der Finanzierung der geplanten Dreckschleuder
übernehmen wollte, war das Finanzierungskonzept der KMW für das
Milliardenprojekt im Sommer geplatzt. Vergeblich hatten Aufsichtsrat
und Deutsche Bank seitdem versucht, andere Investoren für den Bau zu
begeistern. Begleitet wurde diese Suche nach neuen Geldgebern von
einer „Image-Kampagne“ der Bürgerinitiativen mit Kundgebungen
vor Deutsche Bank-Filialen im Rhein-Main Gebiet. Unter dem Motto
„Deutsche Bank – uns interessiert nur Kohle“ wurde hier das
propagierte umweltbewusste Selbstbild der tatsächlich betriebenen
Realpolitik des Geldinstituts gegenübergestellt. Eine kurzfristige
Bauplatzbesetzung durch das Mainzer Klimabündnis im Sommer machte
darüber hinaus die Entschlossenheit der AktivistInnen zu weiteren
Widerstandsaktionen deutlich. (siehe hierzu Direkte
Aktion
182, 185, 190)

AKU-Aktion-Deutsche-Bank.jpg

Jetzt
hat der Vorstand von KMW die Reißleine gezogen und in Gesprächen
mit dem Generalunternehmer Siemens vereinbart, das Vorhaben
„vorläufig“ auf Eis zu legen. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit
für die Realisierung des Projekts drastisch und das ist gut so! Das
Kohlekraftwerk hätte zu einer Verdopplung des CO2-Ausstoßes
je produzierter Kilowattstunde Strom gegenüber dem Ausstoß des
bestehenden, hochmodernen Gaskraftwerks geführt. In Verbindung mit
der geplanten Verdoppelung der Kraftwerkskapazität würde dies eine
Vervierfachung des CO2-Ausstoßes
gegenüber heute bedeuten. Die Verbrennung von ca. 6000 Tonnen
Steinkohle pro Tag hätte für Umwelt und Gesundheit der Menschen im
ohnehin stark belasteten Rhein-Main-Gebiet zu einer erheblichen
Mehrbelastung durch Feinstäube, Schwermetalle und Schwefeloxide
geführt.

„Es
kann davon ausgegangen werden, dass das Aufschieben des endgültigen
Scheiterns des Projekts dem Aufsichtsrat der KMW die Möglichkeit
geben soll, das politische Gesicht zu wahren“, so der Arbeitskreis
Umwelt (AKU) Wiesbaden in einer Presseerklärung. „Im Falle der
definitiven Projektaufgabe steht schon jetzt fest, dass mindestens
110–150 Millionen Euro durch die vorschnellen Vertragsabschlüsse
mit Siemens in den Sand gesetzt wurden. Die Verantwortung hierfür
liegt bei Vorstand und Aufsichtsrat der KMW und den dort sitzenden
Politikern beider Landeshauptstädte“, so der AKU weiter. 

Von der KMW wird nun
gegenüber der Öffentlichkeit auf die geplatzte Kreditfinanzierung
des Projekts verwiesen. Der AKU betont, dass die Verweigerung der
Kredite nicht nur der aktuellen Finanzkrise geschuldet sei. „Der
breite Widerstand gegen das Kohlekraftwerk, getragen von
Bürgerinitiativen, Umweltverbänden, Ärzte-Initiativen und Parteien
macht deutlich, wie hoch der politische Preis einer Durchsetzung des
Projekts wäre.“ Ein politischer Unsicherheitsfaktor, der
potentiellen Kreditgebern nicht verborgen bleiben konnte!

Ralf Dreis, FAU Frankfurt

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