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„Arbeitnehmerdatenschutz“ vor Reform ins Bodenlose?

Die Bundesregierung will den
sogenannten Arbeitnehmerdatenschutz reformieren. Hintergrund ist die
wachsende öffentliche Diskussion um die ständig steigende
Überwachung am Arbeitsplatz. Wohin die Reise gehen soll, machte
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) Anfang April deutlich: Man
wolle „bestimmte Schutzlücken schließen“, ohne dafür die
Interessen der Betriebe übermäßig einzuschränken. Dazu soll nach
der Sommerpause ein Gesetzentwurf eingereicht werden. Ein eigenes
Arbeitnehmerdatenschutzgesetz soll dabei nicht begründet, sondern
lediglich vorhandene datenschutzrechtliche Bestimmungen ergänzt
werden.

Die bislang bekanntgewordenen Ecksteine
der Neuregelung lesen sich in der Tat so, als würden sie weniger dem
Datenschutz der Beschäftigten als vielmehr den Interessen des
Managements dienen. Zwar werden an einigen Stellen bestimmte
bekanntgewordene Überwachungspraktiken eingeschränkt bzw. die
Strafandrohung erhöht, an anderen Stellen werden dafür aber neue
Scheunentore für die Überwachung aufgemacht. Videoüberwachung etwa
soll erschwert werden, kann jedoch im Zuge von „wichtigen
betrieblichen Interessen“ durchaus erlaubt sein. Inhalte von
Telefonaten sollen wie bislang bereits besonders geschützt sein.
Gleichzeitig soll aber künftig die Kontrolle von betrieblichem
Internetzugang, E-Mails und Telefonaten „im erforderlichen Maß“
erlaubt werden. Auch die Ortung von MitarbeiterInnen via GPRS soll
künftig deutlich einfacher werden. Sie soll dann zulässig sein,
wenn es der Koordinierung eines Einsatzes oder der Sicherheit der
MitarbeiterInnen dient. Also im Zweifelsfall so gut wie immer.

Wenn der Gesetzentwurf in der geplanten
Form verabschiedet wird, dürfte er durch seine Schwammigkeit und die
vielen Öffnungsklauseln de facto eher zur Absicherung betrieblicher
Überwachung und Datensammelei führen als zu deren Einschränkung.
So ist z.B. beim Thema Gesundheitsprüfung zwar eine Zustimmung des
oder der Beschäftigen vorgesehen. Was diese „Freiwilligkeit“
angesichts des grundsätzlich unfreien Verhältnisses zwischen Firma
und ArbeiterIn tatsächlich wert ist, liegt auf der Hand.

 

ELENA: Arbeitnehmerdatenbank in der
Kritik

Für die ELENA-Datenbank wurden bis
jetzt 35.000 Datensätze gesammelt, noch verschlüsselt und nicht zur
Nutzung freigegeben. Das kryptographische Verfahren sei „state of
the art“, so Arbeitsministerin von der Leyen.

Der FoeBuD e.V. (Verein zur Förderung
des bewegten und unbewegten Datenverkehrs) sieht das naturgemäß
etwas anders: Die Vorratsdatenspeicherung sei, was Art und Menge
betrifft, eine „höchst gefährliche“ und nicht
verfassungskonforme Mischung. Das Risiko fehlerhafter und
manipulierter personenbezogener Daten würde enorm steigen. Deshalb
reichten der Verein und 22.005 Beschäftigte eine Klage beim
Bundesverfassungsgericht ein. Die Datenschützer wollen erreichen,
dass die zentrale Arbeitnehmerdatenbank gelöscht wird.

Die FDP entdeckt ihre liberale
Bürgerrechtsader wieder und auch, dass ihre potenziellen
WählerInnen, wie Richter und Beamte, mit ELENA genauso gespeichert
werden wie Hartz IV-EmpfängerInnen. Zudem ist gerade der hofierte
Mittelstand von der ELENA-Bürokratie besonders betroffen. Frau
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) möchte die Datenbank nun „in
Ruhe prüfen“ und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zur
Vorratsdatenspeicherung berücksichtigen.

Der IT-Branchenverband Bitkom fordert
von der Regierung, den Zeitplan der Umsetzung für ELENA einzuhalten.
Bitkom vertritt 1.300 IT-Unternehmen, unter ihnen Firmen wie lexware,
die Software für ELENA verkaufen.

Die Wirtschaft macht Druck für die
zügige Durchführung von ELENA und die Regierung muss Rücksicht
nehmen auf ihre WählerInnen. Einige Punkte werden wohl weggelassen
oder umformuliert, wie die Angabe von Streiktagen, aber die
Überwachung von 40 Millionen Menschen mit sehr persönlichen Angaben
und die einfache Möglichkeit, alles über die lebenslange
Steueridentifikationsnummer zusammenzuführen, wird sich kaum eine
Regierung entgehen lassen.

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