Der normale Wahnsinn

Auch dieses Jahr wird die Linke Kinonacht wieder Besuch bekommen (Foto: Oliver Wolters)

Betriebsversammlungen im Babylon Mitte
sind fast ebenso berüchtigt wie der Geschäftsführer des Kinos. Und
dieser ließ sich ausnahmsweise am 31. März auch mal auf einer
blicken. Nachdem er sich um alle Antworten auf die Fragen der
MitarbeiterInnen in peinlicher Weise herumlaviert hatte („Warum
wurden die Babylon-Service-Mitarbeiter nicht auf der Berlinale
beschäftigt?“ – „Das hatte … verschiedene Gründe.“),
bekam er richtig Feuer von der Belegschaft. Was für eine jämmerliche
Personalpolitik es sei, Vollzeitler einzustellen, von denen manche
Schichten von elf Stunden und mehr machen müssten, und dafür
Teilzeitler einfach nicht mehr einzuteilen. Und dass das für
niemanden gut sei, nicht für die Vollzeitler, nicht für die
Teilzeitler, und erst recht nicht für den Betrieb.

Die Reaktion war typisch für Grossman:
Der Mitarbeiter, der ihn am schärfsten „angegriffen“ hatte,
bekam eine Abmahnung wegen zwei angeblicher Verspätungen vor über
einem Monat. Die Befürchtung, dass dieser Kollege auf der
Abschussliste steht, kommt nicht von ungefähr. Ein anderer
Mitarbeiter, der auf der letzten Betriebsversammlung offene Kritik an
der Geschäftsleitung geäußert hatte, wurde prompt anschließend
ins Büro bestellt. Dort wurde ihm vorgeschlagen, sich „im Guten zu
trennen“, was er empört ablehnte. Drei weitere Teilzeitler wurden
in der nächsten Woche einfach gar nicht mehr in den Dienstplan
eingeteilt, was durch den vehementen Einspruch des Betriebsrates (BR)
aber zumindest in eine Schicht für jeden abgeändert wurde. Auf
Nachfrage wurde ihnen gesagt, man hätte sie einfach vergessen.
Alltag in dem durch einen Dumpingtarif von ver.di „befriedeten“
Haus.

Der alltägliche Wahnsinn am
Rosa-Luxemburg-Platz mag vielleicht anhand folgender Liste
verdeutlicht werden, die einige laufende oder unmittelbar anstehende
Gerichtsverfahren in internen Angelegenheiten aufzählt:

Klage des
Caterers gegen seine geplante unsaubere Entsorgung +++ Rechtsstreit
des ehemaligen Caterers wegen seiner unsauberen Entsorgung +++ Klage
zweier Teilzeitler gegen ihre Arbeitszeitreduzierung +++
Strafverfahren wegen Verletzung der Mitbestimmungsrechte des BR bei
der Dienstplanung +++ Klage auf Unterlassung in derselben Sache +++
aktuell eine Einigungsstelle im Haus in derselben Sache +++
Strafverfahren wegen Benachteiligung von BR-Mitgliedern +++ Klage des
BR wegen einer nicht bezahlten Schulung (die erste und einzige!) +++
Klage des BR auf Feststellung, dass die FAU Berlin
betriebsverfassungsrechtlich eine Gewerkschaft ist +++
Berufungsverfahren der Geschäftsführung gegen die Feststellung,
dass K&K und Babylon ein Betrieb sind +++ Klage des BR wegen
Verletzung der Mitbestimmungsrechte bei der Einstellung eines der
Vollzeitler.

Das sind lediglich die Verfahren, die
uns bekannt sind. Und die Verfahren gegen die FAU Berlin sind da
nicht mitgerechnet. Zudem endete gerade das Kündigungsschutzverfahren
einer Mitarbeiterin gegen ihren fristlosen Rauswurf wegen angeblichen
Lohnbetrugs mit einem Vergleich und einer Entschädigung von 1.300
Euro. Aber Geld für die Umsetzung des Flächentarifvertrages sei
nicht da.

Wir von der Betriebsgruppe werden es
uns nicht nehmen lassen, zusammen mit der FAU Berlin wieder bei der
„Linken Kinonacht“ am 8.Mai präsent zu sein. Denn die Berliner
Linkspartei hält den Laden, den sie „befriedet“ hat,
offensichtlich immer noch für ein alternatives, möglicherweise
sogar linkes Kino, für dessen Erhalt jedes Opfer billig ist. Aber
wir sind nicht billig. Und wir sind keine Opfer. Wir werden uns
weiter gegen die neoliberalen Täter, ihre Praktiken und Unterstützer
wehren – im Babylon und anderswo.

FAU-Betriebsgruppe Babylon Mitte

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