Big in Japan

In der Direkten Aktion Nr.187 haben wir schon ausführlich über die FUF
berichtet. Toshihiko Ono ist Militanter und Mitbegründer der FUF.

Bitte beschreibe deine Person und deine jetzige
Situation.

Ich denke man könnte mich am besten als das beschreiben was
man in Japan einen „Freeter mit hoher Bildung“ nennt, denn zurzeit arbeite ich
Teilzeit für niedrige Gehälter nachdem ich einen Kurs zum Doktor (ohne
Doktorarbeit) abgeschlossen habe, obwohl ich es definitiv nicht mag so genannt
zu werden.

Ich arbeite als Übersetzer und Telefon-Dolmetscher auf
Teilzeitbasis und ab und zu für ein kleines lokales Unternehmen. Vorher war ich
bei einer Vorbereitungsschule (es gibt viele private Schulen in Japan die auf
die Universität vorbereiten). Nach fünf Jahren als Teilzeit-Lehrer wollten sie
ohne Angabe von Gründen meinen Vertrag nicht mehr verlängern. Es schien
ziemlich offensichtlich, das smein Chef mich los werden wollte, da er zufällig
wusste, dass ich in der Arbeiterbewegung involviert war. Nach einigen
Verhandlungen, musste ich einem finanziellen Ausgleich zustimmen. Der Chef
bekam Depressionen und fing an, sich sehr seltsam zu verhalten. Ich bedauere
es, dass ich die Geschichte hier nicht genauerer erzählen kann, aber kurz
gesagt: Ich protestierte mit meiner Gewerkschaft gegen die Absetzung, macht
meinen Chef krank und nahm mir das Geld. Ist das nicht Wunderbar?

Wann hast du dich organisiert und warum?

Meine erste Erfahrung in den sog. Sozialen Bewegungen war
2003 die Teilnahme an einer Demonstration gegen die durch die japanische
Regierung unterstützte US-Invasion des Iraks.

Es dauerte nicht lange, bis ich anfing mich etwas unwohl bei
solchen Aktivitäten zu fühlen. In der Stadt Fukuoka, in der ich lebe, gibt es
nicht viele Gruppen oder Einzelpersonen, die in den sozialen Bewegungen aktiv
sind. Oft schien es mir, dass die Mehrzahl von ihnen auf den Krieg als eins von
zahlreichen einzelnen Belangen, von denen nicht jeder eine Beziehung mit
anderen haben musste, reagierten, als ob diese Belange außerhalb unseres
Alltags liegen würden.

Insgesamt schien die Anti-Kriegs Bewegung von der Sympathie
mit anonymen Personen, die im Irak leiden, und bei der ein wenig abstrakten
Idee, dass Krieg nicht die richtige Sache sei, angetrieben wurde, und nicht so
sehr von der Wut, die von unten nach oben gegen die Situation, in der wir
gezwungen sind, in einem System zu leben, welches tausende Menschen in und
außerhalb der Grenze tötet. Ich erkannte, dass mein Problem in erster Linie in
der Frage lag, wer ich bin, wie ich in dieser Gesellschaft lebe und arbeite.
Die Antwort lag darin, sich zu identifizieren — nicht mit abstrakten „Bürgern“
oder mit einer „Nation“, sondern mit der Arbeiterklasse (oder einer neuen
Klasse dem sog. „Prekariat“).

Abgesehen davon wurde meine Situation als Hochschulabsolvent
ohne Perspektive ernster. Die Privatisierung und Neo-Liberalisierung der
Universitäten gab der Mehrzahl der Studierenden, welche in strenger Konkurrenz
um die wenigen akademischen Positionen kämpften, eine Art neo-liberale Grundhaltung.
Die Situation war noch härter für Studierende, einschließlich mir, die ihren
Schwerpunkt auf Soziale Fächer legten, denn die Universitäten und Unternehmen
legen keinen Wert auf StudentInnen, die kritisch und unzufrieden mit dem
gegenwärtigen sozialen System sind.

Ich versuchte Studierende gegen die Neo- Liberalisierung der
Universitäten, gegen die verstärkte Überwachung des Campus durch Videokameras
und ähnliches und natürlich gegen Kriege zu organisieren. Doch bevor eine
bedeutsamen Anzahl von Studierenden organisiert waren, musste ich meine
akademische Karriere, hauptsächlich aufgrund meiner finanziellen Situation,
aufgeben. Ich verließ den Campus und wurde ein „Freeter“. Es war genau zu der
Zeit, als wir von den Nachrichten aus Frankreich über den Aufstand der
Studenten gegen CPE im Frühling von 2006 hörten. Ich dachte über die
Mitgliedschaft in einer bereits existierenden Gewerkschaft nach, aber keine
schien mir der richtige Platz für mich. Altmodischer Stil der Aktivitäten, der
Reden, der Mentalität und eines langweiligen Demonstrationsmarsches war etwas,
womit junge Menschen nicht sympathisieren.

Ich diskutierte mit einigen Freunden, die ich außerhalb des
Campus kennen lernte, über unsere eigenen Belange. So kamen wir darauf, eine
Gewerkschaft für so genannte Freeters und Menschen, die in prekären Umständen
leben und arbeiten, gegen Neoliberalismus und gegen die Endwürdigung und
Kontrolle des Lebens, gegen die Art des Lebens, welche die japanische
Gesellschaft uns aufzwang, und gegen die Tötungsmaschine, genannt
kapitalistische Nationalstaaten, zu organisieren.

Um 2003 starteten junge Menschen in Japan eine Art von
Anti-Kriegs-„Sound Demonstrationen“. Ich mochte die Idee und begann ähnliche
Demonstrationen, in einem viel kleinerem Maßstab, in unserer Stadt mit einer
Mischung aus Anti-Neoliberalismus und Anti- Kriegs-Botschaften. Der Einfluss
unserer Demonstrationen und die Botschaft, die wir vermittelten, welche sogar
ein bisschen ungehobelt und radikal waren, zogen einige junge prekäre Menschen
zu unseren Aktivitäten.

Ich glaube es war unser Stil und unsere Botschaft, womit
sich junge Menschen stark identifizieren konnten. Es gibt jetzt 17 Mitglieder
in unserer Gewerkschaft. Es ist eine sehr kleine und unabhängige lokale
Gewerkschaft. Viele unserer Mitglieder sind arbeitslos, einige waren noch nie
angestellt und stehen am Rande der Gesellschaft. Für jene die angestellt sind,
nutzen wir natürlich existierende Gesetze, um ihre Rechte zu schützen. Mit
jenen ohne Arbeit versuchen wir ihre individuellen Probleme auszutauschen und
assistieren ihnen ein besseres Leben und Arbeiten möglich zu machen. Wir
diskutieren kontinuierlich darüber, was wir als eine Gewerkschaft tun können,
um die Gesellschaft von unserer Sicht aus zu verändern. Was ist eine Gewerkschaft
für uns? Das ist eine Frage die man sich immer stellen sollte.

Was sind die Aktivitäten eurer Gewerkschaft?

Obwohl wir noch nicht viele Fälle erledigt haben, machen wir
normale Aktivitäten als Gewerkschaft — u.a. Kämpfe für Gehaltserhöhungen und
Proteste gegen Entlassungen und das Schützen der Jobs der
Gewerkschaftsmitglieder. Wir machen Veranstaltung, z.B. Filmvorführungen oder
Fortbildungen, in unserem kleinen Büro. Wir gehen regelmäßig auf die Straße, um
unsere Meinung zu sagen und um Flugblätter zu verteilen, damit die Leute unsere
Aktivitäten und unsere Botschaften anerkennen, und um diejenigen zu erreichen,
die Hilfe benötigen, manchmal „Reclaim The Streets“-artig durch das Spielen von
Musik und das Durchführen einer Art live Party. Gelegentlich organisieren wir
eine größere Demonstration.

Der dies jährige G8-Gipfeltreffen wird in Japan statt
finden. Plant ihr Aktivitäten?

Der Tagungsort des Gipfels ist ziemlich weit entfernt von
unserer Stadt, und wir können es uns nicht leisten, ein Mitglied dort
hinzuschicken. Aber durch unsere regulären Aktivitäten verbreiten wir
Protest-Botschaften gegen den G8 und alles neo-liberale und kapitalistische.
Die letzte Demonstration, die wir organisierten, richtete sich hauptsächlich
gegen den globalen Kapitalismus und den G8-Gipfel. Wir denken, dass unsere
kontinuierlichen Aktivitäten in unserer Stadt einen wichtigen Teil in unserem
globalen Kampf gegen den globalen Kapitalismus, inklusive der G8, beitragen.
Ja, ich wünschte Ich könnte an den Protesten mit den GenossInnen aus aller Welt
teilnehmen.

BriB

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