Keine Arbeit ohne Lohn!

Urteil gegen un(ter)bezahlte Praktika

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat entschieden,
dass eine geringe Bezahlung von Arbeitsleistungen im Zuge eines Praktikums als
„sittenwidrig“ eingestuft werden kann. Geklagt hatte eine Diplomingenieurin,
deren sechsmonatiges Praktikum bei einem Fachbuchverlag mit 375 Euro monatlich
(2,46 Euro/h) bezahlt wurde. Entgegen des Plädoyers der Verlagsgesellschaft
entschied das Gericht, dass die Klägerin dieselben Arbeiten wie die
Projektleitung verrichten musste und daher nicht als Praktikantin, sondern als
Arbeitnehmerin einzustufen sei. Damit habe sich der Verlagsleiter „unter
Hinweis auf den Zwang der Verhältnisse“ (Zitat: „Es findet sich immer wieder
jemand, der sich darauf einlässt“) wissentlich des Lohnwuchers schuldig gemacht
und müsse daher den zum unternehmensüblichen Lohn fehlenden Restbetrag von
7090,65 Euro auszahlen. Fraglich bleibt, ob das Urteil Präzedenzcharakter haben
wird, da seine Grundlage das Missverhältnis des Ausbildungscharakters gegenüber
der Erbringung von Arbeitsergebnissen ist, das vom Arbeitsgericht von Fall zu
Fall neu eingeschätzt werden muss.

 

Unbezahlte Probearbeit bei Boesner

Auch bei der Kunstbedarfskette Boesner, mit der die IWW Köln
derzeit im Konflikt steht und dabei von der FAU unterstützt wird (siehe „Die infame Kunst der Betriebsführung“), soll systematisch von unbezahlter Probearbeit Gebrauch gemacht worden sein.
Zwischen Ende 2006 und Mitte 2007 schrieb das Unternehmen Stellen auf seiner
Internetseite aus, die es gar nicht gibt. Dennoch lud Boesner auf diese
Stellenangebote reagierende Menschen zu einer zweitägigen Probearbeit ein, bei
der u.a. reguläre Tätigkeiten im Verkauf zu leisten waren. Abgesehen von dem
eventuellen Angebot einer Teilzeitstelle auf 400-Euro-Basis erhielten die
ProbearbeiterInnen nach eigenen Angaben nichts. Da Boesner nach wie vor auf
seiner Internetseite zahlreiche Stellen ausschreibt, liegt der Verdacht nahe,
dass diese Praxis immer noch üblich ist. Ein Grund mehr, Boesner das Geschäft
zu vermiesen.

 

Näheres siehe auf: www.keine-arbeit-ohne-lohn.de

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