§§§-Dschungel

paragraphen.gifGibt es in eurem Betrieb einen
Betriebsrat (BR), habt ihr bei der Kündigung einige Vorteile. Sollte
es der Arbeitgeber versäumen, den BR vor der Kündigung anzuhören,
gilt eine Kündigung als unwirksam (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Mit anderen
Worten, der BR weiß vor euch ob ihr gekündigt werdet und sollte mit
euch darüber reden (§ 102 Abs.2 letzter Satz). Es gibt nur einen
kleinen Haken: Ihr müsst trotzdem innerhalb von drei Wochen zum
Arbeitsgericht (siehe Direkte Aktion #201), weil
nur dort die Unwirksamkeit festgestellt werden kann. Erst danach
dürft ihr weiter malochen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass ihr die
Möglichkeit habt, auf Weiterbeschäftigung nach Ablauf der
Kündigungsfrist (bis zum rechtskräftigen Beschluss des
Rechtsstreits) zu klagen, wenn der BR der Kündigung „ordentlich “
widerspricht (§ 102 Abs.5 Satz1). Ihr müsst somit zwei Klagen
erheben: eine gegen die Kündigung und eine zweite auf
Weiterbeschäftigung.

Leider funktioniert die Zusammenarbeit
mit dem BR in der Realität nicht immer so wie gewünscht. Der erste
Fehler ist der fehlerhafte „ordentliche “ Widerspruch des BR. Im
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gibt es lediglich fünf Punkte,
aufgrund derer der BR einer Kündigung widersprechen kann (§ 102
Abs. 3 BetrVG). Davon sind in der Regel nur vier relevant: soziale
Gesichtspunkte, die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz, eine
zumutbare Umschulung bzw. Fortbildung oder die Änderung der
Vertragsbedingungen.

Dabei muss der BR darauf achten, welche
Kündigungsform bzw. -art vorliegt (siehe dazu auch DA #198 und
#199). Am besten ihr kümmert euch selbst mit darum, dass der
richtige Widerspruch eingelegt wird.

Auch solltet ihr darauf achten, dass
der Betriebsrat innerhalb einer Woche nach Erhalt der Anhörung
widerspricht. Die Frist beginnt erst am Tag nach Eingang der
Anhörung, aber Achtung: das Wochenende ist natürlich in der Woche
enthalten! Geht die Anhörung beispielsweise am Mittwoch an, beginnt
die Frist am Donnerstag. In diesem Fall muss der Widerspruch bis zum
Mittwoch der Folgewoche beim Arbeitgeber vorliegen. Ist dieser Tag
zufällig ein Feiertag, erst am nächsten Tag. Lässt der BR diese
Frist einfach verstreichen bzw. gibt er den Widerspruch zu spät ab,
gilt die Zustimmung als erteilt (§ 102 Abs.2 Satz 2).

Fällt dem Betriebsrat und euch nichts
zu den oben genannten Widerspruchsgründen ein, dann könnt ihr den
BR immer noch veranlassen, möglichst viele Bedenken zu äußern (§
102 Abs.2 Satz 1). Auch wenn er ordentlich widersprochen hat, sollte
er trotzdem alle Möglichen nutzen, mit denen der Arbeitgeber von
einer Kündigung abrücken könnte. Dies gilt ausdrücklich auch bei
einer außerordentlichen, sprich fristlosen Kündigung (§ 102 Abs. 2
Satz 3), da hier kein Widerspruch möglich ist.

Instanzen der
Arbeitsgerichtsbarkeit – Klageerhebung bei einer Kündigung

Die Arbeitsgerichtsbarkeit verfügt
generell über drei Instanzen, die Arbeitsgerichte (ArbG),
Landesarbeitsgerichte (LAG) und zuletzt das Bundesarbeitsgericht in
Erfurt (BAG). An dieser Stelle beschäftigen wir uns vor allem mit
der 1. Instanz.

Zuerst ist wichtig, dass ihr die Klage
rechtzeitig (s.o.) erhebt. Dies könnt ihr auch ohne anwaltliche
Vertretung. Dazu gibt es eine Rechtsantragsstelle, die mit einem
Rechtspfleger besetzt ist, der für oder mit euch die Klageschrift
formuliert. Auch braucht ihr euch nicht anwaltlich vertreten zu
lassen, sondern könnt euch selbst mit dem Arbeitsgericht und den
AnwältInnen der Gegenseite herumärgern. Ihr könnt aber auch eine/n
VertreterIn eurer Gewerkschaft mit der Prozessvertretung beauftragen.

Solltet ihr dennoch eine Anwältin oder
einen Anwalt beauftragen, tragt ihr die Kosten selbst. Auch der
Arbeitgeber muss seine Rechtsvertretung selbst bezahlen. Die
Gerichtsgebühren sind im Arbeitsgerichtsverfahren niedriger als bei
anderen Gerichtsverfahren. Oft werden Verfahren vor dem
Arbeitsgericht mit einem Vergleich beendet, so dass diese Kosten ganz
entfallen. Bei einem Urteil richtet sich die Höhe der von der
unterlegenen Partei zu tragenden Gerichtsgebühr nach dem Streitwert.
Bei 5.000 Euro sind dies ca. 250 Euro.

Ablauf des Verfahrens

Zunächst wird ein Gütetermin
angesetzt. Im Gütetermin wird von einem Richter lediglich versucht,
eine einvernehmliche Lösung des Konflikts herbeizuführen. Hier
könnt ihr ggf. schon eine Abfindung aushandeln. Wenn ihr allerdings
euren Arbeitsplatz behalten möchtet, kommt es unweigerlich zum
Kammertermin. Dort sitzen dann nicht nur der hauptamtlicher Richter,
sondern noch zwei ehrenamtliche, einer der Arbeitgeberseite und einer
der Arbeitnehmerseite.

Auch hier wird zuerst versucht, eine
gütliche Einigung zu erzielen, das ist in der Regel eine
Abfindungszahlung. Wenn ihr aber weiterhin darauf besteht, weiter
arbeiten zu wollen, wird ein Urteil gesprochen. Gegen ein ergangenes
Urteil, welches euch nicht passt, könnt ihr dann Berufung beim
Landesarbeitsgericht (LAG) einlegen.

Thersites

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