Mehr als nur Anti-Faschismus

Obwohl die Gründung der „Schwarzen
Schar“ eine direkte Reaktion vorwiegend junger Mitglieder der
Freien Arbeiter Union Deutschlands (FAUD) und der
Syndikalistischen-Anarchistischen Jugend Deutschlands (SAJD) auf das
Erstarken der faschistischen Bewegung in Deutschland war, so hat sie
sich nie einzig und allein als antifaschistischen Kampfbund
verstanden. Vielmehr wollte sie dem zahlenmäßigen Niedergang der
anarcho-syndikalistischen Bewegung entgegenwirken und die Isolation
der Bewegung aufheben.

Im Oktober 1929 kommt es im heutigen
Racibórz zur ersten Gründung einer Schwarzen Schar. Entgegen allen
Gepflogenheiten der FAUD tragen ihre Mitglieder Einheitskleidung: „Zu
ihrer Uniform gehören schwarze Bluse, schwarze Baskenmütze, Koppel
und Schulterriemen. Das anarchistische Symbol der Gegnerschaft gegen
Rechtsordnung und Staatsgewalt, die Darstellung eines zerbrochenen
Gewehrs, findet sich auf den Koppelschlössern sowie auf den
Mützenkokarden der ‚Schwarzen Schar‘.“

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Noch im Laufe desselben Jahres gründen
sich in weiteren Orten in Oberschlesien (Beuthen, Rosenberg,
Katscher, Gleiwitz und Bobrek-Karf) Schwarze Scharen. Im Sommer 1930
entsteht dann auch eine Schar in Berlin und ab 1931 folgten weitere
Gruppen in anderen Orten der Republik (Wuppertal, Kassel, Suhl und
Darmstadt). Denn Übergriffe der Nazis, aber auch Anfeindungen der
KPD, machten es immer häufiger nötig, Veranstaltungen der FAUD zu
schützen. Letztere kritisierte die „Schwarzen Scharen“ zwar ob
ihrer Uniformierung und ihres gewalttätigen Auftretens, griff aber
immer wieder auf die jungen GenossInnen zurück.

Die Gesamtstärke der Organisation kann
leider nicht mehr genau festgestellt werden. Bis zur Machtübergabe
an die Nazis lässt sich ihre Mitgliederzahl aber mit 250 bis 500
AktivistInnen veranschlagen. Um die Basis der
anarcho-syndikalistischen Bewegung wieder zu vergrößern, gingen
diese Gewerkschaftsmitglieder neue Wege in der Agitation. Einerseits
scheuten sie sich nicht, offensiv aufzutreten (Musikzüge,
motorisierte Demonstrationszüge, Theatergruppen usw.). Andererseits
gingen sie mit ihren Agitationstouren speziell in die Kleinstädte
und das umliegende Land. Ziel ihrer Agitation waren dort vor allem
das Landproletariat und die Kleinbauern. Auch wenn sie ihrem
selbstgesteckten Ziel nicht gerecht wurden, die FAUD wieder für die
Masse der ArbeiterInnen attraktiv zu machen, so blieb ihre
Agitationstätigkeit doch nicht ohne Wirkung.

Die Wuppertaler Gruppe der „Schwarzen
Schar“ besaß mehrere Revolver und einen Karabiner. Um im Kampf
gegen den Faschismus erfolgreich zu sein, gingen sie breite Bündnisse
ein. So bildeten die Wuppertaler mit der „Sozialistischen
Arbeiter-Partei Deutschlands“ (SAPD), der „Kommunistischen
Partei-Opposition“ (KPO) und den „Partisanen“ eine
überparteiliche „Kampfgemeinschaft gegen Faschismus und Reaktion“.

Bekanntlich ist es den „Schwarzen
Scharen“ nicht gelungen, die Nazi-Diktatur zu verhindern. Trotzdem
leisteten nicht wenige Mitglieder in Deutschland bis zum Untergang
des 1000-jährigen Reiches Widerstand. Andere gingen ins Exil und
waren an der Gruppe „Deutsche Anarchosyndikalisten im Ausland“
(DAS) beteiligt. Dazu gehören neben vielen anderen die ehemaligen
Mitglieder der „Schwarzen Schar“ Johannes Noll, Paul Brunn, Karl
Liereck und Ernst Petri (Berlin), Willy Paul und Fritz Schröder
(Kassel), Gustav Doster und Helmut Thomas (Darmstadt) sowie Fritz
Benner, Arnold Engels und Helmut Kirschey (Wuppertal).

Nik Topark

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