Europaparlament stoppt 65-Stunden-Woche

Am 22. Oktober wurde mit der
Zeitarbeitsrichtlinie der erste Teil der neuen EU-Arbeitsregelungen
vom Europaparlament beschlossen. Eine Arbeitszeitrichtlinie sollte
noch in diesem Jahr folgen, doch daraus wird nichts: Am 17. Dezember
lehnte das EUParlament einen Kompromissvorschlag der EU-Kommission
deutlich ab. Beide Richtlinien seien zum Schutz der ArbeiterInnen und
ihrer Gesundheit gemacht, versichert die Kommission. Tatsächlich
öffnen jedoch Ausnahmeregelungen Tür und Tor für
Schlechterstellungen per Tarifvertrag.

Mit der verabschiedeten Richtlinie
erhalten LeiharbeiterInnen vom ersten Tag an grundsätzlich die
gleichen Rechte in den Betrieben wie die fest angestellten
KollegInnen. Diese Gleichstellung kann jedoch verhindert werden, wenn
willige Gewerkschaften mit den Bossen Verschlechterungen durch einen
Tarifvertrag vereinbaren. In Deutschland wird es daher keine
gravierenden Änderungen geben: Der Grundsatz „equal pay – equal
treatment“ ist hierzulande durch Tarifverträge bereits weitgehend
außer Kraft gesetzt. Das deutsche Modell, Rechte auf dem Papier zu
gewähren, um sie dann durch Vereinbarungen mit gefälligen
Gewerkschaften wieder außer Kraft setzen zu lassen, soll damit
europäischer Standard werden.

Die geplante Arbeitszeitrichtlinie sah
zwar grundsätzlich wie die bisherige eine maximale Wochenarbeitszeit
von 48 Stunden vor. Zur Umgehung dessen werden jedoch
Bereitschaftsdienste in „aktive“ und „inaktive“ Zeiten
aufgeteilt, wodurch regelmäßige Wochenarbeitszeiten von bis zu 65
Stunden möglich werden. Betroffen wären hiervon insbesondere
Klinikpersonal, PolizistInnen und ähnliche Berufsgruppen.
Ärzteverbände und Gewerkschaften fordern, der gesamte
Bereitschaftsdienst müsse als Arbeitszeit angerechnet werden.
Außerdem wollten viele Länder eine sogenannte „opt-out-Regelung“
einführen, wonach die maximale wöchentliche Arbeitzeit (48 Stunden)
nicht gilt, wenn ein Lohnabhängiger einer längeren Arbeitszeit
„freiwillig“ zustimmt.

Vorerst gilt nun weiterhin die alte
Richtlinie, die das Thema Bereitschaftsdienste überhaupt nicht
behandelt, aber auch nationale Ausnahmeregelungen, die teilweise
deutlich längere Arbeitszeiten als 48 Stunden zulassen.

BuG-Redaktion Münster

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