Editorial

Während wir an dieser Ausgabe der DA
arbeiten, rennt freudetrunken die rote Fahne schwenkend eine
sozialistische Parteijugend durch Münster. Nicht, dass hier gerade
eine Räterepublik ausgerufen worden wäre, nein, der plötzliche
Enthusiasmus basiert auf dem Wahlsieg Barack Obamas in den USA.

Zum Heulen ist das zwar nicht, die
DA-Redaktion begrüßt da aber doch lieber freudestrahlend zwei neue
„syndikalistische Schattengewerkschaften” in der FAU (Nürnberg
und Westmecklenburg). Der Plan des Zeit-Kolumnisten Dietmar Dath,
dass diese über „nur per Kennwort zugängliche Internetportale“
demnächst Arbeitskämpfe koordinieren, klingt gar nicht so schlecht.

Und die Koordination von Arbeitskämpfen
tut ja auch Not: Werfen wir unsere Augen mal auf das, was sonst so in
den Medien berichtet wird: Die Wirtschaftskrise tobt immer noch und
wird das in absehbarer Zeit auch noch verschärft weiter tun.
Mittlerweile sieht sich die Automobilindustrie bedroht und mit ihr
die Leiharbeitsbranche. Die kann zwar, wenn es nach uns geht, bitte
möglichst schnell kaputt gehen, aber Hartz IV ist, wie aktuelle
Zahlen mal wieder zeigen, immer noch ein faules Ei. Und die jüngst
verabschiedete EU-Leiharbeitsrichtlinie verschärft die Ungleichheit
zwischen fest Angestellten und LeiharbeiterInnen europaweit
zusätzlich. Wer, wenn nicht unabhängige, von unten aufgebaute
Arbeiterorganisationen, die am Nabel dieser Geschehnisse sitzen, soll
das sonst koordinieren? Barack Obama genauso wenig wie Angela Merkel.
Vielleicht die DGB-Gewerkschaften, die mit ihren
Dumping-Tarifverträgen im Leiharbeitsbereich erheblich zur Misere
beigetragen haben? Oder „neue” Gewerkschaften wie die GNBZ
vielleicht? – Ach nee, die wird ja mittlerweile nicht einmal mehr
von den deutschen Gerichten als Gewerkschaft akzeptiert.

Da könnten wir alternativ noch auf
militanten Straßenkampf setzen, Szenen, wie sie uns die Nachrichten
aus Griechenland gerade um die Augen und Ohren hauen. Dass auch die
griechische Politik und Wirtschaft viel eher die
Generalstreiksaufrufe fürchtet, geht in der ganzen
Militanz-Präsentation leider etwas unter. Und wer koordiniert diese
Streiks und wo werden sie koordiniert, na? Genau: Basisinitiativen in
den Betrieben. Und da sind Internetportale, wie Herr Dath meint, zwar
sehr hilfreich, aber um die nächste Aktion nicht zu verpassen, hilft
manchmal auch eine Notiz im guten, alten Papierkalender. Da bietet
sich natürlich der SyndiKal 2009 an, den ihr draufbekommen könnt,
wenn ihr diese Zeitung abonniert. Und nicht zu verachten, sind im
SyndiKal auch die vielen praktischen Tipps und Tricks als Ergänzung
zur DA.

Übrigens, nicht einmal ein Editorial
wird an einem Tag geschrieben: Der obamistische Freudentaumel hat
sich hier gerade in einen wütenden Haufen Studierender verwandelt,
der mit 1.000 Personen gegen eine Entscheidung für Studiengebühren
demonstrieren. Die anwesende Polizei wähnt sich offensichtlich auch
in Griechenland und meint wohl, es mit einem Haufen Autonomer zu tun
zu haben. Wohl zuviel Bild-Zeitung gelesen… Ähnlich ging es ja
auch schon den SchülerInnen bei ihren Protesten im November 2008.

Ihr solltet euch übrigens mit eurem
DA-Abonnement langsam beeilen, denn wir haben ja schon Januar, wenn
ihr diese Zeilen lest. Und es wäre doch schade, wenn die ersten
Wochen in eurem neuen Kalender leer bleiben. Auch da gibt es
sicherlich einiges zu koordinieren. In diesem Sinne wünschen wir
euch ein frohes neues Jahr und viel Erfolg bei euren wirtschaftlichen
Kampfaktionen!

 

In diesem Sinne,

eure rotierende BuG-Redaktion Münster

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