Werbeveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht

Buchstäblich stempeln gehen mussten
mehrere tausend ALG-II-EmpfängerInnen am 28. Oktober 2007 in
Münster. Die Einladung zur Jobmesse war kein freundliches Angebot,
sondern kam mit Sanktionsandrohung daher. Am Eingang den Schrieb
abstempeln lassen, eine Runde durch die Halle voller Stände mit
Gratiskugelschreibern, Hochglanzbroschürchen und riesigen Fotos
junger, gesunder, glücklich drein blickender Menschen in
Firmenuniform – für die meisten war’s das auch schon. Aussteller
waren fast ausschließlich Leiharbeitsfirmen und Callcenter. Ein
junger Mann führte diesen seine Ware in klassischer
Sklavenhändlermanier vor, bis der Sicherheitsdienst ihm einen Weg
vor die Tür bahnte, wo auch FAU, IG Metall und Chefduzen mit
Informationen aufwarten durften.

Die Vorteile solcher wiederkehrender
Pflichttermine liegen schon unter Effizienzgesichtspunkten auf der
Hand: Die Aussteller bekommen das Arbeitskräfteangebot gleich en
bloc vorgeführt. Diejenigen, die wirklich händeringend Arbeit für
sechs bis acht Euro suchen, werden sich schon bemerkbar machen. Für
Arbeitsagenturen bietet so ein Zählappell eine prima Gelegenheit,
Sanktionen gleich reihenweise verhängen zu können. Nicht zuletzt
sind Jobmessen Propagandaveranstaltungen: Die Leihschufterei kommt
als sich für jeden und jede bietende Chance auf „Wiedereinstieg“
in den vorgeführten, gesellschaftlichen Normalzustand „Arbeit“
daher. Die Masche, Drecksjobs mittels Werbeveranstaltung anzupreisen,
macht mittlerweile Schule. So präsentiert sich auch die Bundeswehr
bei Veranstaltungen der ARGEn und sogar auf dem münsterschen
Domplatz – mit Kapelle, Kinderbelustigung und Karriereberatung.

Die FAU sollte und wird auf Jobmessen
weiterhin Präsenz zeigen. Diese wiederum bietet gute Bedingungen,
deutlich wahrnehmbar aufzutreten. Die Aussteller sind darauf bedacht,
sich in gutes Licht zu setzen und eine „schöne neue
Arbeitswelt“ vorzuführen. Ein rabiates Auftreten von
Sicherheitsdiensten und Polizei gegen eventuelle kritische
BesucherInnen passt hierzu genauso wenig wie der Eindruck,
Gewerkschaftspräsenz unterbinden zu wollen – so unerwünscht sie
auch sein dürfte.

BuG-Redaktion Münster

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar