Struggle

China: Riots wegen Abfindungen

Mehr als 500 ArbeiterInnen einer
Spielwarenfabrik beteiligten sich Ende November an
Auseinandersetzungenin einer Fabrik in Dongguan im chinesischen
Perlfluss-Delta. Anlass waren lächerlicheAbfindungen für 598
entlassene Beschäftigte. Nach Angaben lokaler Behörden hatte eine
Gruppe der Entlassenen mehr als 2.000 Leute dazu bewegt, die Fabrik
zu stürmen, und von diesen hätten sich 500 an Auseinandersetzungen
mit der herbeigerufenen Polizei beteiligt. BeimSturm auf die
Werkstore seien ein Polizeiwagen umgekippt und mehrere Motorräder
der Polizei beschädigt worden. Die wütenden ArbeiterInnen zogen
dann durch die Fabrik, die der in Hongkong ansässigen Kader Holdings
Company Ltd. gehört, und zerstörten Computer, Drucker und anderes
Equipment in der Verwaltung.

Dongguan, einer der größten
Industriestandorte im Perlfluss-Delta, leidet, wie die gesamte übrige
Region, massiv unter den Auswirkungen der globalen Krise. Viele der
7.000 Firmen, die in China in den letzten Wochen dichtgemacht haben
oder ihre Standorte verlagert haben, befinden sich in dieser Stadt.
Nach offiziellen Schätzungen wurden in ganz China dieses Jahr 67.000
Firmen geschlossen. 2,8 Mio. ArbeiterInnen könnten alleine im
Perfluss-Delta in nächster Zeit ihren Job verlieren.

Die Welle von Entlassungen und
Lohnkürzungen wird von einer steigenden Zahl von Arbeiter-Protesten
begleitet. Im Oktober besetzten z.B. mehr als 7.000 Beschäftigte von
Smart Union inDongguan (Kunden sind u.a. Mattel, Disney und Hasbro)
die Fabrik und die umliegenden Straßen und forderten ausstehende
Löhne. Die Regierung war in diesem Fall gezwungen, einzuschreiten
und den ArbeiterInnen die Auszahlung der Löhne zu garantieren. In
anderen Fällen besteht dieAntwort aus Tränengas und jahrelangen
Haftstrafen für Arbeiter-Aktivisten.

 

Angola: Streik für eine
Lohnerhöhung von mehr als 300 Prozent

Mitte November traten mehr als 2.000
Hafenarbeiter im angolanischen Lobito in den Streik. Sie forderten
eine Lohnerhöhung von 190 auf 630 Euro pro Monat. Lobito ist der
zweitgrößte Hafen in Angola. Das rohstoffreiche Land besitzt eine
der Ökonomien mit den höchsten Wachstumsraten weltweit, die
ArbeiterInnen profitieren davon allerdings kaum. Die Streikenden
erklärten, ihrenAusstand so lange fortzusetzen, bis der
Transportminister der „marxistischen“ Regierungspartei direkt mit
ihnen verhandele. Während der stellvertretende Hafendirektor
behauptete, er „wisse nichts von einem Streik“, sank die
Abfertigungsleistung des Hafens nach Aussage von Wirtschaftsdiensten
bereits in den ersten Streiktagen auf rund zwei Drittel.

 

Italien: Wilde Streiks bei Alitalia

Im November brachten Beschäftigte der
italienischen Fluggesellschaft Alitalia die Firma an den Rand des
Zusammenbruchs. In einer ganzen Welle von wilden Streiks, die über
einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen immer wieder aufflackerten,
wurden teilweise mehr als die Hälfte der täglichen Flüge
gestrichen, andere Maschinen hoben halb leer ab. An den Streiks
beteiligten sich alle drei Gruppen von Luftfahrt-Beschäftigten: Das
Boden- und Abfertigungspersonal, die FlugbegleiterInnen und die
PilotInnen. Kabinenpersonal, das sich nicht direkt am Streik
beteiligte, legte den Flugbetrieb zusätzlich durch „Dienst nach
Vorschrift“ lahm.

Hintergrund der wilden Streiks sind die
Versuche der italienischen Regierung, die marode Fluglinie durch
Zerteilung und Verkauf loszuwerden, was für einen Großteil der
Beschäftigten kurz- oder mittelfristig den Verlust des
Arbeitsplatzes bedeuten würde. Entsprechende Deals hat die
Regierungbereits mit den großen Gewerkschaften ausgehandelt. Diese
Gewerkschaften versuchen deshalb auch, die wilden Streiks zu
unterbinden, was ihnen bis Redaktionsschluss allerdings zu keinem
Zeitpunkt gelungen ist.

 

Griechenland: Polizei greift
TextilarbeiterInnen an

Im Oktober demonstrierten
TextilarbeiterInnen aus dem Norden Griechenlands vor dem
Wirtschaftsministeriumin Athen. Dabei wurden sie von der Polizei
angegriffen, es gab viele Verletzte.Bei den ArbeiterInnen handelte es
sich um einen Teil der 1.200 Beschäftigten aus vier Textilfabriken
von Lanaras Industries. Der Konzern hatte kurz zuvor die sofortige
Schließung der Werks angekündigt. Die protestierenden ArbeiterInnen
forderten in Athen die sofortige Begleichung der bis zu vier
ausstehenden Monatslöhne, die Rücknahme der Kündigungen und die
zugesagte Auszahlung von Staatshilfen zur Weiterführung der
Produktion. Als die ArbeiterInnen sich zwecks Unterredung mit den
politisch Verantwortlichen Zugang zum Ministerium verschaffen
wollten, griff die Polizei die DemonstrantInnen mit Tränengas und
Schlagstöcken an.

 

Bangladesch: Militarisierte Fabriken

Wir haben immer wieder über die sich
ausbreitende Welle von Streiks, Besetzungen und Fabrikzerstörungen
in der Textilindustrie Bangladeschs berichtet. Der
Textilkapitalisten-Verband BGMEA konnte nun jüngst die Regierung
dazu bewegen, erste Fabriken zu militarisieren. In den am meisten von
den Aufständen betroffenen Gebieten, hat der Staat damit begonnen,
permanent große Kontingente an Polizei und Paramilitärs in den
Fabriken zu stationieren. Staat und Bosse verfolgen damit drei Ziele:
Die ArbeiterInnen sollen durch die Militarisierung daran gehindert
werden, die Fabrik unkontrolliert zu verlassen und sich streikenden
KollegInnen anzuschließen, Aufstände im Werk selbst sollen
verhindert und die Abpressung von unbezahlten Überstunden
erleichtert werden.

Vor dem Hintergrund der
globalenKonkurrenz auf dem Textilmarkt verschärft sich die Situation
immer mehr. Die Wirtschaft Bangladeschs ist vollständig von der
sinkenden Nachfrage nach Fertigtextilien abhängig. Das Kapital in
Bangladeschversucht, der Krise zum einen durch Rationalisierung zu
begegnen, zumanderen dadurch, dass die Löhneimmer weiter gesenkt,
die Arbeitszeiten ausgedehnt und ausstehende Löhne nicht bezahlt
werden. Der Angriff durch die grassierende Inflation hat mittlerweile
dazu geführt,dass viele ArbeiterInnen hungernd und unterernährt
versuchen, sich über die meist zehn- bis vierzehnstündigen
Schichten zu retten. Nach Berichten von Zeitungen aus Bangladesch
drohen in der Folge Hungerhalluzinationen zu einem massiven Problem
für die Textilfabrikanten zu werden.

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