Der große Bruder schaut dich an

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für Volkszählung

Das
Wort Volkszählung weckt kaum positive Gefühle. Für den im nächsten
Jahr angesetzten Zensus, haben deutsche Statistikbehörden nun
Pressebriefings veranstaltet und ein Internetportal eröffnet. Das
Portal soll vor allem umfassend über den Zensus informieren und dazu
beitragen, einen intensiven Dialog mit der Bevölkerung einzugehen.
ZensuskritikerInnen, WissenschaftlerInnen und BürgerInnen sollen
ihre Sicht der Dinge auf der Plattform darbieten. Das Grundproblem
wird wohl kaum thematisiert werden.

2011
sollen 17,8 Millionen Immobilien-BesitzerInnen Auskünfte über ihre
Häuser oder Eigentumswohnungen machen. Zusätzlich werden maximal
10% der deutschen Bevölkerung befragt. Dies vor allem, um eine
Bereinigung der Daten aus den kommunalen Meldeämtern durchzuführen.
Besonders kritisch ist das Zusammenführen von Datensätzen aus den
verschiedenen Ämtern unter einer eindeutigen Nummer, die bis zu vier
Jahre gespeichert werden soll.

Genau
dieses Zusammenführen hatte das Bundesverfassungsgericht am 15.
Dezember 1983 in einer Grundsatzentscheidung untersagt. Damals sollte
eine, letztendlich durch massenhaften Widerstand gescheiterte,
Volkszählung Daten der gesamten Bevölkerung elektronisch
zusammenführen. Das Gericht stellte damals außerdem fest, dass es
keine belanglosen Daten gibt, wenn Daten gesammelt werden.

Die
beiden Volkszählungen im Nationalsozialismus von 1933 und 1939
bildeten die Grundlage für die Deportation von verfolgten
Bevölkerungsgruppen. Auch im Jahr 2011 soll nach der
Religionszugehörigkeit gefragt werden.

 

Telekom-Spitzelaffäre
geht in die nächste Runde

Ab
dem 3. September müssen sich drei führende Mitarbeiter der Telekom
und ein Berliner Geschäftsmann vor dem Bonner Landgericht
verantworten. Ihnen wird Bespitzelung von Aufsichtsräten und
Journalisten, bzw. Beihilfe vorgeworfen.

2005
waren vertrauliche Informationen zur Unternehmensplanung der Telekom
an die Öffentlichkeit gelangt. Der damalige Vorstandschef Kai-Uwe
Ricke gab daraufhin den Auftrag, das Informationsleck zu ermitteln.
Vermutet wurde es im Kreis der Aufsichtsratsmitglieder. Ricke und dem
ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel konnte nach
langen Ermittlungen der Bonner Staatsanwaltschaft jedoch keine Tat
nachgewiesen werden. Von illegalen Methoden hätten sie angeblich
keinerlei Kenntnis gehabt. Diese Methoden, unternehmensintern unter
dem Namen „Rheingold“ zusammengefasst, bestanden hauptsächlich
im Aufzeichnen und Auswerten von Telefonverbindungsdaten der
betroffenen Aufsichtsräte und JournalistInnen.

Im
Verlauf des Verfahrens werden wir erfahren, wie sich die
Führungsriege der Telekom herauswinden und sich der Verantwortung
entziehen will. Bemerkenswert an dem Fall ist vor allem die Tatsache,
dass vorhandene Überwachungsmöglichkeiten immer auch missbraucht
werden, ganz unabhängig von der zu überwachenden Gruppe.

 

Beschäftigtendatenschutz
heftig kritisiert

Schon
im Mai veröffentlichten DatenschützerInnen einen Aufruf, der dem
Entwurf des Innenministeriums für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz
mehr als skeptisch gegenübersteht. Es wird vermutet, dass das neue
Gesetz eher eine Hilfe für Unternehmen darstellt, legal ihre
MitarbeiterInnen überwachen zu können. Ein neuer Referentenentwurf
wurde nun vorgelegt und soll demnächst im Bundeskabinett abgestimmt
werden.

Einen
kleinen Sieg haben die DatenschützerInnen bereits davongetragen.
Hieß es im Entwurf vom Mai noch, dass verdeckte Kameraüberwachung
in bestimmten Fällen erlaubt sei, so ist diese im Entwurf vom August
ausnahmslos verboten. Eine offene Videoüberwachung zur
Qualitätskontrolle oder von sensiblen Bereichen wie Firmeneingängen
bleibt aber weiterhin erlaubt, „soweit sie zur Wahrung wichtiger
betrieblicher Interessen erforderlich“ sei. Datenschützer hatten
das vollständige Verbot von Video- und Tonaufzeichnungen am
Arbeitsplatz gefordert. Ausnahmen sollten nur in „streng begrenzten
Gefährdungslagen“ zugelassen werden.

Zusätzlich
werden sogenannte „Screenings“, also der umfangreiche Abgleich
von MitarbeiterInnendaten, unter strengen Bedingungen erlaubt. Auch
hier hatten die DatenschützerInnen Vorschläge gemacht, die
übergangen wurden. So sollte Arbeitnehmervereinigungen ein
Mitspracherecht eingeräumt werden.

Bei
Einstellungsgesprächen sollen laut Entwurf nur solche Fragen erlaubt
sein, die für die angestrebte Arbeit auch erforderlich sind. Zur
Forderung, dass der Abgleich von Informationen aus sozialen
Netzwerken wie Facebook bei Einstellungen verboten sein sollen,
schweigt sich der Gesetzesentwurf allerdings aus.

Weitere
unerfüllte Forderungen sind: das Recht von Arbeitnehmervertretungen,
im Namen von Beschäftigten Klage in Datenschutzfragen zu erheben;
dass gesetzliche Schutzvorgaben nicht durch Betriebs- oder
Dienstvereinbarungen unterschritten werden können; dass sich das
verbindliche Bereitstellen von Arbeitskapazität und Ressourcen für
Datenschutzbeauftragte an der Zahl der Beschäftigten zu orientieren
habe; dass das Schutzniveau des Telekommunikationsgeheimnisses bei
betrieblicher Kommunikation eingehalten wird; dass ArbeitgeberInnen
gegenüber den Beschäftigten eine Auskunftspflicht über angewandte
Überwachungsmaßnahmen haben.

Es
ist davon auszugehen, dass durchaus Zusicherungen an die
Beschäftigten gemacht werden. Der Kern, den Unternehmen wirksame
Möglichkeiten zur Überwachung, angeblich zur Korruptionsbekämpfung,
de facto aber zur Kontrolle ihrer Beschäftigten, in die Hand zu
geben, bleibt ohne Zweifel erhalten.

 

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