Beschäftigtendatenschutz? So nicht!

Im
Mai hat das Innenministerium weitgehend unkoordiniert einen ersten
Referentenentwurf zum Beschäftigtendatenschutz vorgelegt. Konkret
ist eine Ergänzung des Bundesdatenschutzgesetzes um einen Abschnitt
zur „Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des
Beschäftigungsverhältnisses“ geplant. Die Regelungen sollen die
Erhebung und Nutzung von Daten vor Begründung eines
Beschäftigungsverhältnisses, die Datenverarbeitung während der
Beschäftigung sowie die heimliche Datenerhebung zur Aufdeckung von
Straftaten und schwerwiegenden Pflichtverletzungen umfassen. Ferner
wird die Beobachtung nicht öffentlich zugänglicher Betriebsstätten
mit optisch-elektronischen Vorrichtungen (Videoüberwachung), der
Einsatz von Ortungssystemen und biometrischen Verfahren sowie die
Speicherung bzw. Auswertung von Telekommunikationsdaten am
Arbeitsplatz normiert. Die eilige Reaktion noch vor der politischen
Sommerpause war sicherlich auch dem öffentlichen Druck geschuldet,
den die unzähligen Bespitzelungsskandale, u.a. bei der Deutschen
Telekom, Lidl, Schlecker und der Bahn, in den Jahren zuvor ausgelöst
hatten. Mittlerweile sind im Zusammenspiel mit Justiz- und
Arbeitsministerium die von DatenschützerInnen am heftigsten
kritisierten Passagen des Entwurfs notdürftig geglättet.

Trotz
aller Kosmetik bleibt der Ansatz stumpf und seine politische
Intention durchsichtig: Eigentlich möchte der Gesetzgeber nur die
diesbezügliche Rechtsprechung der letzten Jahre verstetigen und mit
scheinbarem Aktionismus den aufkeimenden Protest der Beschäftigten
begegnen. Der vorliegende Entwurf würde, wenn er als Gesetz
verabschiedet ist, ohnehin bestenfalls die in den Betrieben
bestehende Überwachungspraxis legalisieren.

Die
Instrumente der Überwachung im Unternehmen sind dabei vielfältig.
Seien es nun die allgegenwärtigen Zeiterfassungssysteme, das
Screening von BewerberInnen in sozialen Netzwerken, die
Videoüberwachung „sensibler“ Bereiche, ein personenbezogenes
Kostenstellenmanagement oder die in der Logistikbranche verbreiteten
Ortungs- und Verfolgungssysteme auf RFID- bzw. GPS-Basis; sie alle
dienen immer auch der Leistungs- und Verhaltenskontrolle der
Lohnabhängigen. Zudem haben die angesprochenen Überwachungsskandale
gezeigt, dass die Verstöße der Bosse und Personalverantwortlichen
gegen vorgeschriebene Datenschutzgesetze kaum geahndet werden. Die
entsprechenden Straf- und Bußgeldvorschriften sind also praktisch
wirkungslos.

Ein
derart zahnloser Beschäftigtendatenschutz muss natürlich umgehend
weitere Begehrlichkeiten hervorrufen. So möchte beispielsweise der
Verband der bayerischen Wirtschaft ganze Abteilungen bzw. Gruppen von
ArbeiterInnen präventiv überwachen lassen, d.h. ohne Vorliegen von
tatsächlichen Anhaltspunkten einer Pflichtverletzung. Solche
Forderungen belegen den entfesselten Kontroll- und Überwachungswahn
im kapitalistischen Wirtschaftssystem.

Sektion
IT der FAU Berlin

 

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zum Thema im Artikel Der große Bruder schaut dich an

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