Fast Food Union

Es ist nicht nur ein
Klischee: Mit etwa zwei Mio. Beschäftigten ist die
Fastfood-Industrie tatsächlich ein wesentlicher Teil der US-Ökonomie
– und äußerst lukrativ obendrein, fällt dort doch die
Ausbeutungsrate besonders hoch aus. Fast 20% der Beschäftigten in
der Branche verdienten 2009 weniger als 5,15 Dollar netto die Stunde;
und mit 1,8% ist der gewerkschaftliche Organisierungsgrad so gering
wie in kaum einem anderen Bereich.

In dieser Situation
führen die IWW eine Kampagne im Fastfood-Bereich, die von manchen
bereits als „historisch“ bezeichnet wird. Ort des Geschehens ist
eine Kette namens „Jimmy John’s“, die über Filialen in 39
Bundesstaaten verfügt. Die Kette arbeitet auf Franchise-Basis, d.h.
regionale Unternehmer können sich Rechte erwerben, um das
Geschäftskonzept zu nutzen. So etwa in Minneapolis, wo die MikLin
Inc. zehn Filialen leitet. Nach 2-jähriger Organisierungsarbeit
bildete sich dort Anfang September die Jimmy John’s Workers’
Union (JJWU), die sich den IWW anschloss. Ihre konkreten Ziele:
höhere Löhne, eine konsistente Schichtplanung, Lohnfortzahlung im
Krankheitsfall u.a

Wohl auch im Bewusstsein,
dass hier ein gewerkschaftlicher Dammbruch eintreten könnte,
weigerte sich das Management zu verhandeln, was Aktionen gegen die
Kette in 32 Bundesstaaten zur Folge hatte. Schließlich entschied
sich die JJWU, Gewerkschaftswahlen in den betreffenden Filialen zu
initiieren, so wie es die US-Arbeitsgesetze vorsehen – ein in den
IWW durchaus unüblicher Schritt. Immerhin aber würde ein Erfolg
(bei über 50% Zustimmung) die JJWU offiziell in den Rang einer
„Mehrheitsgewerkschaft“ hieven und das Management verpflichten,
mit dieser zu verhandeln. Und es wäre der erste Erfolg dieser Art im
US-Fastfood-Bereich.

Die Wahl avancierte somit
zum Politikum, wobei selbst der regionale AFL-CIO-Verband seine
Unterstützung für die JJWU erklärte. Das Management wiederum
engagierte eine private Firma, darauf spezialisiert, betriebliches
„Unionizing“ zu verhindern. Nichts Ungewöhnliches: Amerikanische
Beschäftige sehen sich vor erstmaligen Gewerkschaftswahlen einem
enormen Druck ausgesetzt, so dass etwa zwischen 1999 und 2003 nur in
45% der Fälle die Belegschaften für eine Gewerkschaftsvertretung
votierten. Bereits vor der Wahl am 22.10., zu der 200 Beschäftigte
aufgerufen waren, meldete die JJWU 22 Verstöße gegen
arbeitsrechtliche Bestimmungen an die zuständige Bundesbehörde, die
nach der Wahl noch um eine 12-seitige Liste ergänzt werden mussten.
Der Wahlgang selbst war mit 85 Ja- und 87-Stimmen formell eine knappe
Niederlage für die JJWU. Allerdings steht eine Untersuchung der
Verstöße noch aus.

Indessen gibt sich die
JJWU kämpferisch: „85 Ja-Stimmen, trotz sechs Wochen wilden Union
Busting, bedeuten ein Mandat für einen Wandel“, wie es in einer
Pressemitteilung heißt. Und letztlich, so verkündete die JJWU, habe
man noch viele andere Methoden in petto, um die Arbeitsbedingungen zu
verbessern. Für das neue Jahr hat sie bereits ein 10-Punkte-Programm
angekündigt, mit dem sie „die Demokratie in die Fastfood-Betriebe
bringen“ möchte.

Leon Bauer

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